Die Schweiz befindet sich noch immer im Ausnahmezustand, Homeoffice und Homeschooling nutzen das Internet für Datenübermittlung und Kommunikation. Weil viele Inhalte des weltweiten Netzes nicht jugendgerecht sind, kann dies insbesondere für Kinder problematisch werden. Regula Lehmann von Zukunft CH hat mit Swisscows-Gründer Andreas Wiebe über Datensicherheit und werteorientierte Medienerziehung gesprochen.
Zukunft CH: Herr Wiebe, worin sehen Sie in der momentanen Situation die Chancen, wo die Problemfelder, wenn Sie an Kinder und junge Menschen denken?
Wiebe: Man kann es nicht pauschal beantworten, denn es gibt eine Reihe junger Menschen, die lieber per WhatsApp austauschen, und die andere Gruppe, die eher den persönlichen Kontakt schätzt. Bei dieser Gruppe, die persönlichen Kontakt sucht, werden vor allem jetzt die wahren Freunde bestätigt, denn nach einer längeren Aus-Zeit droht die Freundschaftskrise. Ich denke, da die meisten jungen Menschen gelernt haben, viel über die Sozialen Medien zu kommunizieren, wird diese Ausnahmezeit eher positiv gesehen. Auf der anderen Seite entstehen womöglich Diskrepanzen in der Familie, also wird die Familie etwas auf dem Prüfstand getestet. Die Chancen liegen aus meiner Sicht eindeutig darin, in der Familie längst vergessene Brücken neu zu bauen oder wiederherzustellen. Auch die Kinder erhalten mehr den Einblick ins Leben der Eltern und somit die Chance, ihre Eltern mit deren Problemen und Sorgen zu verstehen. Das Ganze kann aber natürlich auch in die völlig andere Richtung schlagen: Wenn die Eltern sich nicht die Zeit für die Kindern nehmen, dann flüchten die Kinder in die sozialen Medien und zocken den ganzen Tag rum.
Zukunft CH: Sie haben sich das Ziel gesetzt, die weltweit sicherste Suchmaschine zu erschaffen. Was beinhaltet dies für Sie und: Ist dieses Ziel überhaupt erreichbar?
Wiebe: Unsere prioritäre Motivation ist, Werte wieder zurückholen und das, was gerecht und gut ist, in unserer Suchmaschine umzusetzen. Dazu zählt unter anderem: keine Überwachung, keine Gewalt und keine Pornografie. Dann die Ambition, weltweit zu wachsen und weltweit sichtbar zu sein. Wir können heute wirklich stolz sagen, dass Swisscows die einzige Suchmaschine ist, die familiengerecht sucht. Das bietet weltweit niemand. Wie durch einschlägige Zeitungen und TV bestätigt wurde, gibt es zwar Alternativen, jedoch sind diese nicht familiengerecht. Und, Menschen wollen nicht mehr überwacht werden! Als wir 2014 gestartet sind, haben uns manche eine Lebensdauer von nicht länger als einem Jahr prophezeit – nach dem Motto „Wer braucht so was, es gibt doch Google.“ Doch mittlerweile ist Swisscows auch in den USA, Europa, Australien usw. ein Begriff und, ja, es ist offensichtlich realistisch, sich als familiengerechte Suchmaschine zu behaupten. Nur so am Rande kann ich hinzufügen, dass wir gerade dabei sind, einen Swisscows VPN und einen eigenen Messenger Tele Guard zu entwickeln und hoffen, beides Ende April zu veröffentlichen.
Zukunft CH: Erklärtes Ziel ist also, dass Ihre Suchmaschine familiengerecht ist. Gewalt und Pornografie wird bei Ihnen nicht angezeigt. Ist das finanziell tragbar?
Wiebe: Diese Frage ist berechtigt, diese Art von Businessmodel hat uns wirklich Schweiss gekostet. Medienunternehmen, die Werbung verkaufen, wollen die Daten der Nutzer haben. Wir haben es zu 100 Prozent abgeschlagen und dadurch keine Werbeeinnahmen gehabt, sondern nur durch treue Nutzer als Spender das Projekt finanziert. Natürlich hat es nicht ausgereicht, aber durch einige Investoren und durch unser Business in anderen Bereichen konnten wir das Ganze querfinanzieren. Da sich die Denkweise jedoch zunehmend ändert, sind viele Unternehmen mittlerweile bereit, bei uns Werbung zu platzieren, ohne die Daten der Nutzer dafür zu verlangen. Wir sind überzeugt: Sobald Menschen verstehen, was mit ihren Daten gemacht wird, werden sie zunehmend von Google abwandern und dies wird die Medien -und Marketingagenturen automatisch dazu bringen, ihre Werbung bei uns aufzuschalten. Sagen wir mal so: Wir sind geduldig und geben unsere Strategie nicht auf!
Zukunft CH: Was sind Ihre Expertentipps an Eltern für eine besondere Zeit wie diese?
Wiebe: Nutzen Sie die Zeit aus und entdecken Sie Ihre Kinder aufs Neue! Fragen Sie sich: „Was sind die Gaben des Kindes? Was bewegt mein Kind?“ Weil Ihr Nachwuchs derzeit weniger Kommunikation mit den Freunden und Mitschülern hat, wird er ganz sicher den Kontakt zu Ihnen suchen. Menschen brauchen Menschen! Nehmen Sie sich die Zeit und schauen Sie mal das Fotoalbum gemeinsam an, spielen Sie ein paar Spiele oder machen Sie mal wirklich Blödsinn! Falls Streitigkeiten kommen, haben Sie keine Angst; das alles gehört zum Leben dazu und manchmal muss man einfach Grenzen setzen. Auch durch klare Regeln und Konsequenzen zeigen Sie ihrem Kind, dass es Ihnen sehr wichtig ist, dass Sie es liebhaben und deswegen die Erziehung nicht den Medien überlassen. Sie schenken Ihrem Kind gerade dadurch Sicherheit und Stabilität. Nutzen Sie diese spezielle Zeit und verbringen Sie viel Zeit miteinander, bauen Sie die Beziehung zu Ihren Kindern und Jugendlichen auf und, falls es schief gehen sollte, (z.B. durch einen Wutausbruch Ihres Kindes), beginnen Sie einfach von vorn. Es gibt immer eine Lösung und einen Weg. Eltern, die derzeit Homeoffice machen, würde ich unbedingt empfehlen, die Kinder in den Geschäftsablauf mit zu integrieren. So kann Ihr Nachwuchs verstehen, was Sie machen. Bitte auf keinen Fall das Kind sich selbst oder irgendeinem Medium wie Fernseher, Spiele, iPad usw. überlassen.
Zukunft CH: Herzlichen Dank für das Interview. Wir wünschen Swisscows weiterhin viel Erfolg.
Swisscows hat einen Medienratgeber für Eltern herausgegeben. Dieser kann unter www.swisscows.ch heruntergeladen oder als Druckversion unter www.zukunft-ch.ch bestellt werden.
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